Wustrow (Wendland)

Von der Burg zur Fabrikantenvilla: die Stadt Wustrow

Die kleine Stadt Wustrow liegt im Süden des Landkreises Lüchow-Dannenberg und ist nur wenige Kilometer von der Kreisstadt Lüchow entfernt. Hier leben circa 2.800 Einwohner. Von den 10 Ortsteilen gehören einige zu den typischen Rundlingsdörfern des Wendlands, wie zum Beispiel Güstritz, Ganse, Lensian und Schreyahn. Der Fluss „Jeetzel“ durchquert die Stadt, in ihr mündet im Norden die „Dumme“, ein ehemaliger Grenzfluss zwischen West- und Ostdeutschland.

Die günstige Lage am Wasser erkannte auch Anfang des 13. Jahrhunderts Thiedherd von Wustrow, der 1217 im Mündungsgebiet der „Dumme“ eine Burg errichtete, um den Schiffsverkehr zwischen Salzwedel und der Elbe zu sichern. Vermutlich stammt auch daher der Name: Wustrow hat seinen Ursprung im slawischen (wendischen) Namen „Wåstrüw“ und bedeutet „Insel“. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte etwa 160 Jahre später (1377).

Wie so viele Ansiedlungen wurde auch Wustrow mehrfach von Großfeuern heimgesucht. Von dem Feuer im Jahr 1691 ist überliefert, dass alles bis auf fünf Häuser, eine Scheune und der rechte Teil des Schlosses von den Flammen verschont geblieben sind. Mit dem Brand wurde auch die Kirche, das Pfarrhaus und die darin befindlichen Kirchenbücher sowie eine umfangreiche Sammlung der kaum noch gebräuchlichen wendischen Sprache vernichtet. Diese hatte der damalige Pastor Christian Henning von Jessen handschriftlich erstellt. Der Aufbau der Kirche begann nur wenige Jahre später, um 1700 herum.

Aufgrund der häufigen Überflutungen und wasserreichen Niederungen war das Umland kaum für Ackerbau geeignet, aber für den Flachsanbau sehr wohl. Daraus und der weiterführenden Verarbeitung zu Leinen entwickelte sich Wustrow zu einer der Hochburgen für das Leinenwebergewerbes. 1763 verlieh König Georg III. von Hannover der Stadt das Leinenweber-Siegel. Die Blütezeit Wustrows begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der maschinellen Leinen-Produktion (1874 bis 1928). Das Leinen wies eine solche Qualität auf, dass es mittels Lastkähne bis nach Hamburg transportiert wurde. 1964 mußte die Weberei in Wustrow endgültig eingestellt werden.

Im Jahre 1898 wurde durch Probebohrungen entdeckt, dass es ein reiches Salz- und Kali-Vorkommen gab. Ein weiteres starkes, wirtschaftliches Standbein für Wustrow war erschlossen worden. Für die Beförderung der täglich anfallenden 1.000 bis 1.200 Tonnen Tafelsalz baute man 1908 eine Schachtbahn, die eine direkte Verbindung zum Wustrower Bahnhof hatte. Das Salz wurde über Elbkähne bis nach Hamburg transportiert und von dort als Düngekali vornehmlich nach Amerika exportiert. In den Schachtanlagen arbeiteten bis zu 1.000 Arbeiter. Die Wirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg traf auch den Kalibergbau in Wustrow und in den Jahren 1919, 1922 und 1926 wurden die Schächte stillgelegt.

Aus der wirtschaftlichen Hochzeit der Leinenproduktion stammt die ehemalige Fabrikantenvilla aus dem Jahr 1886. Sie wurde von dem Besitzer der damaligen Leineweberei, der Familie Wentz, als Wohnhaus errichtet. Nicht nur das Gebäude selbst ist ein historisches Denkmal, sondern im Inneren befinden sich Bemalungen aus dem Jugendstil und das heutige Museum. Hier können Besucher sich zur Stadtgeschichte informieren und sogar einen Colonialwarenladen, einen Kurzwarenladen und einen DDR-Konsum mit ihren vielen hundert Exponaten und dem originalen Mobiliar besuchen.