Die Rundlinge

Rundlinge, „Groot Deel“ und Wendenknüppel

Einige der Dörfer im Wendland sind ein wenig anders als die anderen. Mit ihren teils kurios klingenden Namen wie Middefeitz und Tolstefanz,  fallen sie außerdem durch ihre ungewöhnliche Form auf. Die Häuser stehen, mit dem Giebel zu dem Dorfplatz ausgerichtet, in einer Art Halbkreis. Dahinter erstreckten sich traditionell keilförmig die Felder, Wälder und Wiesen der landwirtschaftlichen Betriebe. Diese Orte werden als „Rundling“ oder „Rundlingsdörfer“ bezeichnet.

Ursprünglich gab es im Wendland mehr als 200 Rundlinge. Heute lässt sich noch in etwa 100 von ihnen die ursprüngliche Form erkennen. Ebenso wie viele der Ortsnamen, stammt auch der Name der Region, von der als „Wenden“ bezeichneten slawischen Volksgruppe. Besonders viele, sehr gut erhaltene, Rundlingsdörfer befinden sich in der „Clenzer Schweiz“ sowie im „Lemgow“.

Die Hallenhäuser, die zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert errichtet wurden, verleihen den Dörfern ein besonderes Ortsbild. Die zum größten Teil denkmalgeschützten Gebäude entstanden in Zwei-, Drei- oder Vierständer-Bauweise. Traditionell wurden die Giebel mit alten Schriftbalken und kunstvollen Malereien verziert. Ein Wahrzeichen dieser Häuser ist der Giebelschmuck in Form des sogenannten „Wendenknüppels“. Ein senkrechter, verzierter Holzbalken, der  am oberen Ende des Fachwerkgiebels angebracht wurde. Er sollte nach dem Glauben der Wenden Schaden vom Haus und seinen Bewohnern abhalten.

Typisch für die Häuser ist die große Tür in der Giebelfront, auch „Groot Dör“ genannt. Durch sie gelangte man früher direkt in die Diele, das Zentrum des bäuerlichen Lebens. An den Längsseiten befanden sich die Viehställe. Die Tiere lebten mit den Menschen unter einem Dach und sorgten so für eine zusätzliche Wärmequelle. Rund um die zentrale Feuerstelle in der „Groot Deel“ war der alltägliche Aufenthaltsraum. Davon gingen Türen zu der „guten Stube“, die Feiertagen und hohem Besuch vorbehalten war, und den Schlafkammern der Bewohner ab. Teilweise lebten in einem Haus bis zu 15 Menschen. Heute sind viele der Giebeltüren durch Fenster ersetzt worden.

Eine genaue Vorstellung vom Leben im Rundling „anno dazumal“, erhält man im Freilichtmuseum „Wendlandhof“ in Lübeln. Hier wird die wendländische Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts durch Gebäude, Exponate und Ausstellungen erlebbar und vor allem begehbar gemacht.

Von den wendländischen Rundlingen bewerben sich 18 um die Anerkennung als UNESCO-Weltkulturerbe. Die Entscheidung darüber wird für 2023/2024 erwartet.

Rundlingskarte